Das Bannisters hat mittlerweile geschlossen.
Nach dem Schottland-Urlaub hatte ich mich (wie hier nachzulesen ist) gleich mal um eine Reservierung für ein Burns Supper bemüht. Isabel hatte so schön davon erzählt, mal abgesehen davon, dass es ja keine große Kunst ist, mich von einem Feiertag zu überzeugen, bei dem es um schottisches Essen, Musik und Gedichte geht.
Gott sei Dank haben wir ja ein schottisches Restaurant im Ruhrgebiet, das Bannisters in Mülheim an der Ruhr. Einmal waren wir schon hier, irgendwann letztes Jahr und waren direkt begeistert vom guten Essen und vom überaus reizenden Service. Da lag es also nahe, hier zwei Plätze zu reservieren.
Am Mittwochabend geht es also los. Voller Vorfreude fahren wir zum Bannisters, das ganz im Süden von Mülheim an der Kölner Straße liegt, ein kleines blaues Häuschen recht unprätentiös, aber immerhin mit guten Wiedererkennungswert. Als wir reinkommen werden wir gleich von Birgit Bannister an einen langen Tisch geführt. Wegen der großen Anfrage wird jeder Platz gebraucht, traute Zweisamkeit ist an einem solchen Abend eben nicht möglich, aber das passt ja auch, dem Haggis huldigt man sowieso besser in Gesellschaft.
Weil wir die ersten am Tisch sind, können wir uns einen Eckplatz auf der Bank sichern, studieren erstmal die Aperitifkarte und bestellen dann einmal Sekt und einmal Sekt mit Walderdbeeren (letzteres für die Dame, also mich). Während wir auf die Getränke warten, kann man ja schon mal einen Blick aufs Menü werfen. Abgesehen davon müssen wir ja ohnehin noch aus drei Hauptgerichten wählen. Zur Auswahl stehen Rumpsteak, Ente mit Honig-Whisky-Füllung und Graupenrisotto und Lachs-Steak. Der Mann entscheidet sich für die Ente, was ich begrüße, denn dann kann ich guten Gewissens das Rumpsteak nehmen.*
Musik gibt’s auch. Ich habe leider vergessen, wie der nette Mensch heißt, der da mit einer Gitarre auf einer improvisierten Bühne steht und schottisches und englisches Liedgut präsentiert. Zunächst sind alle noch ein bisschen verhalten, man weiß wohl nicht so recht, wie die ungeschriebenen Regeln für musikalische Essensbegleitung ist. Applaus oder eher stilles Wohlwollen? Im Laufe des Abends setzt sich “Applaus” durch, also wird nach jedem Lied geklatscht und im Einzelfall auch singender- oder perkussiverweise mitgemacht.
Zunächst aber kriegen wir das, worum es ja eigentlich geht: Haggis, Neeps und Whisky! Der Whisky wird aus einer kleinen Kanne am Tisch über den Haggis gegossen, den Sekt haben wir gegen Rotwein und Guinness getauscht und das Dinner kann beginnen. Gedichtrezitationen oder rituelles Anschneiden des Haggis gibt es übrigens nicht, was einerseits schade ist, andererseits aber schon ob der Raumaufteilung schwierig wäre, denn das Bannisters ist recht verwinkelt. Der servierte Haggis ist jedenfalls sehr, sehr lecker. Ich habe es ja in Edinburgh verpasst, welchen zu essen, das hole ich jetzt nach und bin sofort begeistert. Schön würzig und etwas scharf, ist er. Und hausgemacht. Dazu gibt es hausgemachtes Topfbrot (eher wohl: Töpfchenbrötchen) mit Butter. Ein guter Einstieg.
Als nächstes folgt die Vorspeisenplatte. Um die Küche ein wenig zu entlasten war eigentlich vorgesehen, für den gesamten Tisch mit zehn Plätzen drei große Vorspeisenplatten zu bringen. Da die Ankunftszeit der einzelnen Parteien aber deutlich voneinander abweicht, geht der Plan nur halb auf. Mittlerweile sind wir aber schon nicht mehr allein am Tisch und so warten wir noch ein bisschen, bis auch unsere Tischnachbarn mit dem Haggis durch sind und bekommen dann eine große runde Platte mit allerlei Leckereien vorgesetzt.
Die Befürchtung, es könnte problematisch sein, sich mit wildfremden Menschen eine Vorspeisenplatte zu teilen, erweist sich als unbegründet. Von den Jakobsmuscheln, Lammspießen und Tandoori-Chicken sind jeweils genau vier da, das ist einfach, bei den anderen Sachen nimmt sich halt jeder ein bisschen und nachdem wir von allem probiert haben, wird es schon etwas kommunikativer, als die Reste dann gerecht aufgeteilt werden wollen. “Das müssen sie unbedingt noch probieren”, hört man und Schälchen werden rumgereicht, bis alles leer ist. War übrigens auch alles sehr lecker, von Jakosmuschel und Thunfisch-Surimi in Wasabi-Soße bis zu Gänseleberpastete und geräucherter Ente mit Kirschkompott.
So langsam trudeln dann auch die letzten Gäste aus, unser Tisch ist komplett. Die zwei Herren gegenüber sind wohl Kollegen und unterhalten sich hauptsächlich über die Arbeit, daneben sitzt ein Pärchen, von dem ich relativ wenig mitbekomme, außer, dass er eine St. Pauli-Jacke trägt, wohl aber Rheinländer ist und den ganzen Abend hauptsächlich glücklich aussieht, und neben mir sitzt ein Halbschotte, oder vielleicht auch ein Ganzschotte, der aber die Hälfte seines Lebens im Ruhrgebiet gelebt hat und dementsprechend zwar Kilt trägt, aber trotzdem mit Ruhr- statt Schottenakzent deutsch spricht. Von ihm bekomme ich auch den Tipp, wo es in Essen ein gutes Whiskygeschäft gibt (das Banneke am Limbecker Platz). Nebenbei wird die Whiskykarte rumgereicht, vor allem aus Interesse, nur die Herren gegenüber veranstalten auch ihr kleines privates Whiskytasting.
Das Hauptgericht entspricht den Erwartungen ebenfalls, schön medium gebratenes Rumpsteak (der Mann bemerkt anerkennend den Fettrand), dazu neue Kartoffeln und Salat. Mehr als eine Kartoffel schaffe ich gar nicht zu dem großen Stück Fleisch, dafür verputze ich aber den Salat.
Desserts gibt’s wie immer im Bannisters vom Dessert-Buffet. Neben Mousse au chocolat, roter Grütze und Tiramisu sind auch Käse, Apple Crumble und Cranachan (oder jedenfalls etwas, was sehr an Cranachan erinnert) im Angebot. Als Hausdigestif wird der Whiskylikör an den Tisch gebracht, nach vier Schälchen Dessert reicht es uns. Leider gibt es den überaus leckeren Milchreis vom letzten Mal diesmal nicht, aber der Cranachan entschädigt für diesen Missstand.
Als erste verabschieden wir uns von unseren Tischgenossen, denn leider ist ja Mittwoch und morgen wird gearbeitet. Aber auch, wenn es kein langer whiskyseliger Abend wurde, wir sind sehr froh, an diesem Abend hier gewesen zu sein. Es hat sich rundum gelohnt. Das Essen super, die Musik super, die Atmosphäre toll und der Service wie immer reizend.
Fest steht auf jeden Fall: Nächstes Jahr machen wir das wieder.
Bannisters
Kölner Straße 170
45481 Mülheim an der Ruhr
Telefon: 0208 / 48 30 02
Öffnungszeiten: Mi – So: ab 18 Uhr, So zusätzlich Mittagsbuffet: 12 – 14 Uhr
www.bannisters.de
*Ja, ich gehöre zu der Spezies, die gerne Abwechslung am Tisch hat. Ich bestelle ganz, ganz selten das gleiche wie der Mann, was sich meistens von alleine ergibt, aber bei Menüs mit eingeschränkter Auswahl nicht immer ganz einfach ist. Ich möchte eben immer möglichst viel probieren.