Als wir im letzten Jahr ankündigten, wir würden nach Bayonne oder Biarritz fahren wollen, schrieb uns Antoine den Namen eines Restaurants auf, in das wir unbedingt gehen sollten. „À table“ hieß es, in Bayonne sei es, direkt am Fluß und sehr empfehlenswert, aber auch sehr klein, wir sollten reservieren, er könne das aber auch gerne für uns machen. Wir hatten aber noch keine konkreten Pläne, wir hatten ja noch keine Vorstellung, was man in Bayonne und Biarritz so machen könnte und wollten uns nicht direkt einen fixen Termin in den Tag legen.
Mittags kamen wir also in Bayonne an, hatten Hunger und fanden recht schnell zu À table. Sehr hübsch sah das aus. „Ich möchte da essen!“ sagte ich nach kurzem Studieren der Tageskarte. Daraus wurde aber nichts. Ob wir reserviert hätten, fragte uns eine kleine, resolute Frau und wir mussten verneinen. Dann wäre leider nichts möglich, erfuhren wir und wurden weiter geschickt. Dieses Jahr waren wir schlauer und am Abend vorher reservierte ich Online einen Tisch um 12 Uhr im Restaurant von Claire und Wilfried. Die Bestätigung blieb zwar aus, aber wir waren mutig und machten uns trotzdem auf den Weg. Es ist ja nicht so, als ob es in französischen Städten üblicherweise einen Mangel an Restaurants gäbe.
Um zehn vor zwölf standen wir vor dem kleinen Restaurant und fragten vorsichtig an, ob denn die Reservierung erfolgreich gewesen wäre. War sie, aber da es noch zehn Minuten vor der offiziellen Öffnungszeit war, wurden wir noch eine Runde spazieren geschickt. Auch so eine französische Eigenheit, an die man sich gewöhnen muss. Wenn um 12 Uhr oder um 19 Uhr aufgemacht wird, wird auch erst um 12 Uhr oder um 19 Uhr aufgemacht. Da kann schon alles bereit stehen, los geht es dann, wenn es ganz hochoffziell losgeht. Das mag erstmal unhöflich erscheinen, ist aber einfach so. Manchmal darf man auch schon sitzen, in diesem Fall liefen wir noch eine Runde durch die kleinen Sträßchen von Bayonne.
Dann aber war 12 Uhr und wir durften sitzen und bestellen. Claire entschuldigte sich für das Fehlen einer englischen Karte. Alle paar Monaten wird die Karte von À table saisonbedingt runderneuert und der Wechsel wäre gerade erst gewesen, sie hätten noch keine Zeit für eine englische Karte gehabt. Egal, geht auch mit einer französischen. Auf der einzigen Terrasse (eigentlich der Bürgersteig) stehen kleine Tische, von denen man einen wunderbaren Ausblick auf den Kanal hat. Drinnen ist noch mal Platz für eng aneinander sitzende zehn bis zwölf Personen.
Im Laufe des Bestellvorgangs steht uns Claire immer beiseite. Zwei Ratschläge hat sie: Nie das gleiche bestellen wie die anderen am Tisch. Und: Immer etwas nehmen, was man so noch nicht gegessen hat. Wir entscheiden uns also für die Vorspeisenvariation für zwei, der Mann nimmt Steak tatare (was Regel 2 widerspricht, aber gut) und ich nehme den Spieß mit Jakobsmuscheln und eingelegter Zitrone. Das Gemüse des Tages ist Ratatouille sowie ein Kartoffelstampf mit Kürbis.
Die Vorspeisenplatte ist üppig, es gibt Burrata, Römerherzsalat, etwas Sojasprossen, spanischen Schinken, Kapern, Wraps mit Ziegenkäsecreme und Foie Gras in Sangria mariniert. Dazu gibt es einen Brotkorb, zur Foie Gras empfiehlt Claire das Schwarzbrot – unüblich eigentlich, sonst gibt es meistens Brioche, aber es passt auch gut. Das ganze ist recht bodenständig, aber mit guten Zutaten. Wir schaffen natürlich nicht alles, etwas Schinken und Salat und einige Kapern bleiben zurück. Dazu einen schönen Weißwein und für die Foie Gras noch mal extra einen etwas süßeren. Das passt alles ganz hervorragend.
Das Steak tartare wird schon fertig angemacht serviert, das sonst übliche Soßentablett mit Worcestershiresauce und Tabasco entfällt also. Als Beilage gibt es das Ratatouille und ein sehr leckeres Kartoffelplätzchen, um das ich meinen Mann ein bisschen beneide.
Allerdings gibt es gar keinen Grund, neidisch zu sein, mein Spieß mit Jakobsmuscheln ist auch toll, statt Kartoffelplätzchen bekomme ich das Püree aus Kartoffeln und Kürbis. Alles schmeckt gut und frisch. Die Portionen sind aber doch etwas zu groß, so dass vom Püree etwas übrig bleibt, was Claire mit strengem Blick zur Kenntnis nimmt und uns dazu rät, dann lieber vielleicht bei einem Nachtisch zu bleiben. Wenn es nicht reichen würde, könnten wir ja immer noch einen zweiten nehmen.
Schon am Anfang haben wir das Pain Perdu (die französische Version des Armen Ritter) mit Mirabellen bestellt. Zwei der Nachtische haben eine Vorbereitungszeit, so dass man sich direkt für sie entscheiden muss. Darauf hat uns Claire glücklicherweise auch direkt hingewiesen und da eine unsere gastronomischen Missionen heißt, sämtliche Varianten von Pain Perdu, Armer Ritter oder French Toast zu probieren. Das Pain Perdu kommt zwar nicht an die Armen Ritter von Schmitzlers Restaurant ran, ist aber wirklich richtig lecker und kommt nicht nur mit Mirabellenkompott, sondern auch mit Mirabellensorbet, Sahne und ganzen Mirabellen. Und mir wird wieder klar, wie gut Mirabellen schmecken. Einen zweiten Nachtisch brauchen wir aber tatsächlich nicht, obwohl es sehr verlockend wäre.
Zum Abschluss einen Kaffee. Wir waren die ersten Gäste und sind die letzten, die an diesem Tag gehen. Bei À table werden die Tische nicht gewechselt, jeder Tisch wird jeweils mittags und abends exakt einmal besetzt. Auch wir erleben, wie sich am Nebentisch ein Paar niederlässt und kurz darauf wieder gehen muss, weil hier eben ohne Reservierung fast nichts läuft. Die Plätze sind begrenzt und das Essen eben so gut, dass es genug reservierende Gäste gibt. Wir bekommen noch einen Petit Café. Seit wir uns damit abgefunden haben, dass das Konzept Espresso in Frankreich weitgehend unbekannt ist und man halt einfach statt dessen einen kleinen Kaffee bekommt, wundern wir uns auch nicht mehr dauernd.
Beim Bezahlen plauschen wir noch mit Claire, die sehr eloquent auf Englisch erzählt. Nach uns kann der Laden wieder bis zum Abend zugemacht werden. Und wir melden uns quasi jetzt schon fürs nächste Jahre an: „A la prochaine année.“ Doch, die Empfehlung war gut.
Die Bestätigung der Reservierung finde ich am Abend in meinem Posteingang. Hat ja aber alles geklappt.
À table
27 Quai Amiral Dubourdieu
64100 Bayonne
Frankreich
+33 5 59 56 79 22
info@restaurant-a-table-bayonne.fr
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